Presse 

 

Schüler-Mauerlauf

Eggersdorfer engagieren sich für die Erinnerung an die jüngste Geschichte

 

Monique und Ralf Stryczynski sind seit einigen Jahren Eggersdorfer und als Läufer eng verbunden mit dem SV Blau-Weiß Petershagen. Sie haben sich hier einfach in ein Haus verliebt und der pulsierenden Großstadt so den Rücken gekehrt. „Ich habe in Kreuzberg gewohnt, da wurden irgendwann nur noch Partys gefeiert und man konnte nachts keine Auge mehr zumachen.“ Nun ist Ruhe. Natur und Sport genießt die Mitfünfzigerin in vollen Zügen. Einiges hat die Diplom-Sozialarbeiterin aber mitgebracht. Zusammen mit ihrem Mann hatte die ehemalige Westberlinerin die Idee einer Schulveranstaltung, die politische Bildung und Demokratieverständnis mit sportlichem Laufen auf dem ehemaligen Mauergrenzstreifen verbindet. Entstanden war sie durch ein Gespräch mit dem DDR- Bürgerrechtler und Vorsitzenden der Bundesstiftung  zur Aufarbeitung der SED- Diktatur Rainer Eppelmann. 

Er hatte die Erfahrung in Schulen gemacht, dass für viele Schüler das Selbstverständnis in einer Demokratie leben zu können nicht greifbar und nachvollziehbar war.  „Er forderte uns auf, ein Projekt zu entwickeln und mit Schülern zu arbeiten“, erzählt die passionierte Läuferin. Schnell war eine Kooperation unter anderem mit der Stiftung Berliner Mauer und der Berliner Senatsverwaltung aufgebaut. Seit nun mehr sechs Jahren treten jetzt zum Jahrestag des Mauerfalls bis zu 15 Teams verschiedener Berliner Schulen  an. Das geschieht im Miteinander und nicht im kämpferischen Gegeneinander, denn die Schüler sollen als Team gemeinschaftlich Aufgaben an verschiedenen Stationen, den sogenannten Checkpoints lösen. Mit diesem Ziel liefen in diesem Jahr  nun Teams  aus dem Bezirken Tempelhof, Pankow, Wildau und Lichterfelde los. Insgesamt galt es an zehn Checkpoints bis zu fünf Fragen zu beantworten. Etwa: Welcher Flughafen wurde durch die „Luftbrücke“ berühmt und wo steht das Luftbrückendenkmal, was meinte die Staatssicherheit mit dem Begriff „Zersetzung“ oder welche Gründe hatten Menschen, die aus der DDR flüchten. Nun meint man oberflächlich, dass würde eine ehemalige Westberlinerin nur aus Geschichtsbüchern wissen aber weit gefehlt. Monique Stryczynski war viel von der Westseite aus an der Mauer. „Oft war es geradezu gespenstisch: Auf unserer Seite spielten die kleinen türkischen Jungs Fußball gegen die Mauer und auf der anderen Seite war dies eine Todeszone.“ Und kurz vor Mauerfall verhalf sie einem ostdeutschen Pärchen sogar zur Flucht über Ungarn. Mit der der Trennung Deutschlands verbindt sie also viele Geschichten. Deshalb ist es ihr und ihrem Mann, der übrigens die Wende auf der Ostseite der Mauer erlebte, ein Anliegen Kindern und Jugendlichen  immer wieder bewusst zu machen, wie sich das Leben in einer Diktatur  anfühlte. „Man kann nicht genug dankbar dafür sein, dass es ein diktatorisches System auf der Welt weniger gibt. Deshalb werde ich mich immer für Demokratie einsetzen“, sagt Stryczynski. Bemerkt hätte sie, dass die Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte aber noch längst nicht allen so leicht fällt. „Man darf nicht weg schauen. “Auch deshalb gibt es nach einer kleinen Filmvorführung und den Reden der Vertreter der Stiftungen für alle noch ein knallgrünes Armband mit einem Zitat von Michael Cramer: „Nur wer die Vergangenheit kennt, meistert die Zukunft.“

Für alle Läufer gibt es am Ende noch eine Medaille, eine Teilnehmerurkunde und ein Erinnerungs-Armband auf den Weg. Entlang der ehemaligen Berliner Mauer führt der Parcours des Schüler-Mauerlaufs Initiatorin Monique Stryczynski  steht im Zieleinlauf an der Bernauer Straße.

Juliane Peschel-Paetzold

Märkischer Sonntag